Position 4: Kontinuität braucht Commitment - Commitment lebt
von
Kontinuität
\label{position-4-kontinuituxe4t-braucht-commitment---commitment-lebt-von-kontinuituxe4t}
Das wesentliche Kernelement einer starken medizinischen Primärversorgung
ist die Kontinuität der allgemeinmedizinischen Betreuung. Internationale
Studien zeigen, dass eine hohe Kontinuität der Versorgung mit günstigen
Outcomes für Patient_innen und Ärzt_innen sowie mit geringeren
Gesundheitskosten assoziiert ist.
Kontinuität kann sowohl als Prozess, als auch als Ergebnis gesehen
werden und betrifft mehrere Ebenen:
- Beziehungskontinuität: fortlaufende therapeutische Beziehung zwischen
Ärzt_innen und Patient_innen, ihrer Familien und ihrer Gemeinschaft
(Community) ohne personellen Wechsel
- Informationskontinuität: Transfer und Nutzung von longitudinaler,
mehrdimensionaler Patienteninformation
- Managementkontinuität: zeitnahe auf sich ändernde Bedürfnisse des
Patienten abgestimmte integrierte Versorgung, interdisziplinäre
Versorgungskoordination \cite{freeman_continuity_2007,haggerty_continuity_2003}
Diese Aspekte bestehen in der Regel parallel und sind nicht scharf
voneinander trennbar. Aus Patientensicht wird Kontinuität als
zusammenhängende Versorgung und Erreichbarkeit der Vertrauensperson
wahrgenommen, aus Arztsicht überwiegend durch erlebte Anamnese und
Kenntnis derselben Person über viele Konsultationsanlässe und
Krankheitsepisoden.
Commitment, ein Begriff, der schwer ins Deutsche zu übersetzen ist,
spielt in Zusammenhang mit Kontinuität sowohl auf Arzt-, als auch auf
Patientenseite eine große Rolle. Er beinhaltet Zuwendung, Hingabe,
Verbindlichkeit, Verantwortung, Verpflichtungsgefühl, vor allem aber auch
Vertrauen \cite{holmvall_applying_2012}.
Verschiedene internationale Studien zeigen, dass eine hohe Kontinuität
der Versorgung mit günstigen Outcomes assoziiert ist - Vorteile einer kontinuierlichen & leicht erreichbaren Versorgung auf
Primärversorgungsebene sind:
bessere Patientencompliance
häufigere Nutzung von Präventivmaßnahmen
niedrigere Morbiditäts- und Mortalitätsraten
weniger Laboruntersuchungen
niedrigere Hospitalisierungsraten
geringere Nutzung von Notfalleinrichtungen
geringere Gesundheitskosten \cite{barker_association_2017,haller_hausarztorientierte_2009}
Die Vorteile einer kontinuierlichen Arzt-Patienten Beziehung sind
überdies mit besserer Zufriedenheit von Patient_innen und Ärzt_innen verbunden. Dies
gewinnt an Bedeutung, wenn Multimorbidität und psychosoziale Probleme
vorliegen. Bei den Überlegungen zur Verbesserung der Primärversorgung sollte daher
diesem Kernelement - der Kontinuität und dem damit zusammenhängenden
Commitment - mit seinen vielfältigen Aspekten entsprechende Bedeutung
gegeben werden.